Ein wilder Typ – Markennamen in China

01.03.2007

Die Marianne Friese Consulting GmbH (MFC) hat sich mit dem Naming und Branding von deutschen Produkten in China bereits einen Namen gemacht. Jetzt haben auch Jägermeister und Tannenzäpfle chinesische Namen.

Haben Sie schon einmal bei Yi Jia Möbel gekauft, mit Mei Ji ihre Suppe gewürzt oder eine Xue Bi getrunken? Bestimmt, denn dahinter verbergen sich die chinesischen
Namen für Ikea, Maggi und Sprite.


Im Zuge des anhaltenden Wirtschaftsbooms in China hat die wachsende chinesische Mittelschicht das Markenbewusstsein entdeckt. Dabei sind klassische deutsche oder europäische Produkte ein Zeichen für Prestige. Damit eine Marke in China erfolgreich sein kann, muss auch in China der Marktauftritt sorgfältig vorbereitet werden – dies fängt beim Markennamen an, denn Namen sind in China besonders wichtig. „Ein schlecht gewählter Name kann jede Aussicht auf Erfolg zunichte machen, denn Namen sind in China eine Wissenschaft für sich“, rät Marianne Friese von Marianne Friese Consulting GmbH (MFC) mit Sitz in Peking.

Aufgrund der im Namen enthaltenen Werte, Charaktereigenschaften und zahlreichen Konnotationen können Namen nicht einfach vom Deutschen oder Englischen ins Chinesische übertragen werden. Zudem gilt es, regionale Besonderheiten zu beachten. Die chinesischen Gemeinschaften in Asien weisen erhebliche kulturelle Unterschiede auf. Hongkong mit seiner britisch geprägten Vergangenheit zieht Namen vor, die dem ausländischen Namen klanglich nahe kommen und somit bei der Aussprache helfen. Auf dem chinesischen Festland dagegen werden bedeutungsvolle Namen vorgezogen.

Jägermeister und Tannenzäpfle – klassische deutsche Marken in China

Bei Marken, die sich an junge Menschen wenden, ist eine zielgruppengerechte Ansprache über die Bedeutung des Namens sowie die Aussprechbarkeit zu beachten. Welcher junge Mann möchte sich schon gerne beim Ordern seines Drinks, durch das was er sagt, lächerlich machen?

Die Mast-Jägermeister AG und die Badische Staatsbrauerei Rothaus AG, haben MFC mit der schwierigen und für die Marketingstrategie so essentiellen Namensfindung für ihre Marken Jägermeister bzw. Tannenzäpfle betraut.

Jägermeister war bereits seit einigen Jahren durch einen Importeur auf dem chinesischen Markt. Nun wird das Produkt, das in den vergangenen Jahren einen bemerkenswerten Imagewandel erlebt hat, mit einer Marketingkampagne und einem passenden chinesischen Namen neu und damit auch breiter auf dem Markt platziert.

Die Marke Jägermeister hatte in China von Anfang an Erfolg, so dass das über die Händler verkaufte Getränk automatisch chinesische Namen verliehen bekam. In Chinas Bars und Clubs kursierten unterschiedliche Übersetzungen, viele davon beinhalteten Sheng Lu – heiliger Hirsch. Dies war nicht markentauglich, vor allem, weil das zu Pulver verarbeitete Hirschgeweih in China einer älteren Klientel als Potenzmittel dient. Eine Assoziation, die man auf jeden Fall vermeiden sollte.

Wie funktioniert das Naming für den Markteintritt in China?

Das übliche Briefing, nämlich einen Namen zu finden, der leicht über die Lippen geht, keine negativen Anklänge hat, unverwechselbar und noch nicht registriert ist, reicht in China nicht aus. In der chinesischen Sprache gibt es nämlich verschiedene Möglichkeiten, ausländische Markennamen zu übertragen. Erschwerend kommt hinzu, dass Kunstwörter wie Maggi im Chinesischen nicht möglich sind, da jedes Schriftzeichen eine Bedeutung hat.

MFC definiert dabei vier Wege, die beim Naming in China möglich sind:

  1. Die erste Variante verzichtet auf eine klangliche Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Namen und stellt nur ein gewünschtes Attribut heraus, so hat Heineken seinen Namen in Xi Li (喜力) – glückliche Kraft – übersetzt.
  2. Eine zweite Möglichkeit wählt positiv besetzte Schriftzeichen nach rein phonetischen Kriterien aus und schmeichelt dem chinesischen Ohr. So wurde aus Audi: ao di (奥迪)
  3. Die dritte Variante übersetzt wortwörtlich den Namen, was natürlich nicht immer möglich ist. So wurde aus Redbull: hong niu (红牛) – roter Bulle – und aus Microsoft wei ruan (微软) – klein und weich. Letztere hat mit dem eigentlichen Charakter der Marke nichts mehr zu tun.

Bei Tannenzäpfle und Jägermeister kamen die direkten Übersetzungen bei genauer Betrachtung nicht in Frage. Die direkte Übersetzung von Tannenzäpfle gepaart mit dem Flaschenetikett, das Tannenzapfen und eine junge Frau in Tracht zeigt, rief bei den chinesischen Testgruppen gar den Verdacht hervor, das Bier sei womöglich aus Tannenzapfen gebraut. Und im Falle von Jägermeister schien den sonst nicht gerade als Tierschützern bekannten Chinesen die Verbindung von Jäger und dem Hirsch im Logo als zu gewalttätig für einen Getränkenamen.

  1. Aus diesen Gründen entschied sich MFC für die vierte Option: Hier wird ein dem ausländischen Markennamen ähnlich klingender Name mit einer zum Markenkern passenden Bedeutung gegeben: Berühmt ist Coca-Cola – Ke Kou Ke Le (可口可乐) – schmeckt gut und macht froh. „Da die Chinesen aufgrund ihrer Schrift sehr visuell geprägt sind, besteht die Kunst darin, zur Marke passende Schriftzeichen zu finden, die zudem ähnlich wie der ursprüngliche Markenname klingen“, erläutert Marianne Friese die Herausforderung.

Für Tannenzäpfle wurden verschiedene Optionen getestet. Wie auch bei Jägermeister ist es wichtig das Kauf- in diesem Fall Bestell-Verhalten der Konsumenten zu berücksichtigen. 2 Silben sind im Stimmen-Gewirr eine Bar optimal. „Alles in 2 Silben zu packen – das grenzt an Unmöglichkeit. Aber gerade das ist die Kür“ erläutert Friese. Bei Tannenzäpfle hat man dabei einen kleinen Trick gewählt und einen Teil der Bedeutung im Brauerei-Namen untergebracht. So heißt Rothaus nun: 罗德豪森 – luo de hao sen.

Luo (罗) Sammeln“Luo” wird typischerweise genutzt, um “Ro-” zu übertragen
De (德) Deutschland“De” gibt dem Namen einen klaren Deutschlandbezug
Hao (豪) großartig“Hao” kann auf den Premium-Aspekt der Brauerei hinweisen
Sen (森) Wald“Sen” gibt den Bezug zum Schwarzwald

Tannenzäpfle wiederum heißt in China ab sofort: 塔浓 – Ta Nong. Es handelt sich wie auch bei der Übersetzung von Rothaus um eine phonetische Übertragung mit markenrelevantem Bedeutungshintergund. Wen wundert es, dass das Bier aus der Heimat von Marianne Friese nun – himmlisch, intensiv schmeckend – heißt.

Im Fall von Jägermeister hat das MFC Team aus Sinologen und chinesischen Marketingexperten die Komplexität der chinesischen Sprache einfühlsam berücksichtigt und bereits die richtige Mischung aus Sprachgefühl, Marktanforderungen und kulturellen Bedürfnissen gefunden. Nach Wettbewerbs-Recherchen, nach qualitativer Marktforschung und Gruppendiskussionen mit Vertretern der Verbraucher-Zielgruppe und mit Barkeepern wurde der neue Markenname in Clubs in Peking, Shanghai und Kanton eingeführt.

Auch schüchternen Typen sollte dieser Name an der Bar cool über den Lippen gehen:
野格 – Ye Ge – Ein wilder Typ, bitte!

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