Schwierige geopolitische Verhältnisse: Risiken für internationale Marken in China
Welchen Risiken sind internationale Unternehmen in Bezug auf ihre Marke auf dem chinesischen Markt ausgesetzt? Wie werden globale Marken im Zusammenhang mit China auf den internationalen Märkten wahrgenommen? Diesen Fragen gehen wir in unserem aktuellen Artikel über Markenkrisen in China nach.
Markenkrisen in China: Die wichtigsten Punkte im Überblick
- Auf dem Markt in China sind internationale Marken besonders gefährdet, in eine durch Corporate Social Responsibility ausgelöste Markenkrise zu geraten.
- Im schlimmsten Fall kann eine Markenkrise zum Verlust des Marktzugangs führen.
- Monitoring und Planung sind daher notwendig, um Schäden zu minimieren.
- Gegensätzliche Forderungen von Verbraucher*innen verschiedener Länder/ Märkte stellen eine no-win Situation dar, die sorgfältige Kommunikation und gewissenhafte Planung erfordert.
Risiken von Markenkrisen für internationale Unternehmen in China
Eine starke Marke ist eines der wertvollsten Assets eines verbrauchernahen Unternehmens. Insbesondere in einem sich stetig wandelnden globalen Markt, in dem Kund*innen Qualität und Zuverlässigkeit von den ihn bekannten Marken und Produkten erwarten. Doch so wie eine beliebte Marke den Produktwert steigern kann, kann sich eine geschädigte Marke direkt negativ auf den Umsatz, die Zufriedenheit der Konsument*innen sowie das allgemeine Wertversprechen des Unternehmens auswirken.
Ein solcher Fall von Markenwertverlust kann als Markenkrise beschrieben werden. Diese bezieht sich auf eine Wahrnehmungslücke aus Sicht von Verbraucher*innen in Bezug auf die Versprechen der Marke einerseits und andererseits die Unfähigkeit des dahinterstehenden Unternehmens, diese zu erfüllen. Unternehmen sollten Markenkrisen durch vorausschauende Vorbereitungen proaktiv vermeiden und potenzielle Verluste mithilfe einer raschen und effektiven Reaktion minimieren.
Marken in China: Was sind die Herausforderungen für internationale Unternehmen auf dem chinesischen Markt?
Für multinationale Unternehmen, die in China tätig sind, stellt sich eine zusätzliche Herausforderung. Kein anderer Markt der Welt birgt so viel Potenzial, gleichzeitig aber erfordert die Geschäftstätigkeit auf diesem Markt eine umfassende Anpassung an die lokalen Gegebenheiten.
Unternehmen müssen auf Interessengruppen und Verbraucher*innen in China sowie auf internationaler Ebene eingehen. Dabei kann es zu spannungsgeladenen Konflikten kommen, die nicht nur der Marke eines Unternehmens schaden, sondern auch den Zugang zum chinesischen Markt gefährden können.
Internationale und chinesische Märkte: Corporate Ability undMarkenkrisen
Es gibt zwei verschiedene Arten von Markenkrisen, die sowohl auf dem chinesischen als auch auf internationalen Märkten auftreten. Markenkrisen in Verbindung mit Corporate Ability (CA) beziehen sich auf die Fähigkeit der Unternehmen, Qualitätsprodukte gemäß ihrem Markenversprechen herzustellen. Wenn eine zu große Lücke zwischen der beworbenen Qualität des Produktes und der tatsächlichen Qualität klafft, kann es zu einer Markenkrise in Bezug auf die CA eines Unternehmens kommen. So musste Tesla beispielsweise im Jahr 2023 1,1 Millionen seiner Autos in China zurückrufen , um Probleme mit den Bremsen zu beheben. Tesla China war dabei mit einer CA-Markenkrise konfrontiert: die Fähigkeit des Unternehmens, verkehrssichere Autos zu produzieren, wurde öffentlich in Frage gestellt.
Obwohl Corporate Ability-bedingte Markenkrisen verheerende Auswirkungen auf das Markenimage und das Wertversprechen des Unternehmens haben können, sind sie mit entsprechender Kommunikation relativ leicht zu bewältigen. Dabei sollte ehrlich auf jeweilige Probleme des Produktes eingegangen werden, um das Vertrauen von Konsument*innen wiederzugewinnen.
China: Corporate Social Responsibility von Unternehmen in Markenkrisen
Die zweite Art von Markenkrisen ist dahingegen, insbesondere im internationalen chinesischen Kontext, um einiges schwieriger zu navigieren. Dabei handelt es sich um Markenkrisen im Zusammenhang mit Corporate Social Responsibility (CSR). Diese Art der Krise bezieht sich dabei nicht auf mangelhafte Produktionskapazitäten von Unternehmen, sondern auf mangelnde ethische, rechtliche oder soziale Compliance.
Im internationalen Kontext können diese Defizite im Widerspruch zueinander stehen. Während die Reaktion auf eine Krise die Erwartungen von Verbraucher*innen in einem Markt erfüllen kann, kann sie in einem anderen Markt die gegenteilige Reaktion provozieren. Einen detaillierten Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Corporate Social Responsibility in China finden Sie in unserem vorherigen Artikel zu dem Thema.
Auswirkungen von CA- und CSR-Markenkrisen in China
Um negative Auswirkungen einer Markenkrise im Auge zu behalten, ist zunächst ein tiefgreifendes Verständnis über die Versprechen der Marke auf sowohl dem chinesischen als auch dem internationalen Markt nötig. Dabei sollte sowohl auf CA als auch auf CSR aus Sicht der Konsument*innen Bezug genommen werden. Obwohl Apple beispielsweise über umfassende ESG-Richtlinien und -Prinzipien (Environmental Social Governance) verfügt, interessieren sich Verbraucher*innen in erster Linie für die Fähigkeit des Unternehmens, qualitativ hochwertige und moderne Produkte herzustellen. So wandten sich Verbraucher*innen trotz kritischer Berichte über skandalöse Arbeitsbedingungen in den Foxconn-Fabriken nicht von Apple-Produkten ab; das Umsatzwachstum von Apple betrug im Durchschnitt 8,3 % pro Jahr. Eine Markenkrise im Zusammenhang mit der Corporate Ability Apples könnte dagegen viel unmittelbarer negative Auswirkungen auf das Image der Marke haben.
Eine Marke wie Patagonia hingegen baut stark auf ihr CSR-Image und hebt sich dabei stark von ihrer Konkurrenz ab. Das hat für Patagonia eine größere Anfälligkeit für CSR-bezogene Markenkrisen zur Folge.
Die Auslöser, aufgrund derer Markenkrisen potenziell auftreten, unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen stark. Somit ist der erste Schritt zur Vorbereitung auf potenzielle Markenkrisen, die Assoziationen von Verbraucher*innen mit der jeweiligen Marke zu analysieren – sowohl in China als auch international.
Davon unabhängig deuten Forschungsergebnisse jedoch darauf hin, dass sich CSR-bezogene Markenkrisen deutlich negativer auf die Marke und ihr Image auswirken können. CSR-bezogene Markenkrisen sollten daher Fokus des Risikomanagements in Bezug auf negative Einflüsse auf eine Marke sein.
Warum nimmt das Risiko von Markenkrisen im Zusammenhang mit CSR in China zu?
Für Unternehmen und Institutionen in China besteht die Gefahr, ungewollt in geopolitische Konflikte verwickelt werden. Negative Assoziationen eines politischen Konflikts werden dabei direkt mit der Marke eines Unternehmens in Verbindung gebracht. Geopolitische Konflikte sind komplex und häufig mit starken Meinungen auf beiden Seiten verbunden. Ob Fragen zum Status Taiwans gegenüber Festland-China, Debatten zur Demokratie in Hongkong, Äußerungen zu möglichen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang, Meinungen zu chinesischen Grenzkonflikten oder zu politischen Dissidenten; für internationale Institutionen tut sich das Dilemma auf, dass keine alle Seiten befriedigende Reaktion möglich ist.
Ein Unternehmen muss sich mehr oder minder entscheiden, entweder den Forderungen von chinesischen Konsument*innen zu nachzugehen, die von Unternehmen in China erwarten, dass sie der öffentlichen Meinung des Landes folgen oder sich zumindest nicht öffentlich dagegen positionieren; oder das Unternehmen geht auf die Bedürfnisse westlicher Verbraucher*innen an, indem es sich an die offizielle Positionierung ihres Heimatlandes hält und sich dabei möglicherweise über die offiziellen Positionen Chinas hinwegsetzt. Das fügt womöglich der Marke und dem China-Geschäft massiven Schaden zu. Im Falle einer laufenden CSR-Markenkrise in China müssen diese gegensätzlichen Szenarien ständig gegeneinander abgewogen werden.
Markenkrisen im chinesischen Kontext im Fokus: Die Hongkong-Proteste 2019-20
Während der pro-demokratischen Proteste 2019-2020 in Hongkong standen viele internationale Unternehmen unter Beobachtung hinsichtlich ihrer früheren und aktuellen Positionen und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Hongkongs Rechtsstatus. Sowohl festlandchinesische Konsument*innen und Regierungsstellen als auch westliche Verbraucher*innen und politische Interessengruppen verfolgten das Verhalten der Unternehmen in dieser angespannten Situation. Während dieser Proteste gerieten Marken wie Apple, Cathay Pacific, Vans, Tiffany & Co. und die NBA in das Konfliktfeld internationaler chinesischer Politik. Angesichts der Kritik von politischen und öffentlichen Akteur*innen auf allen Seiten ist es für die Unternehmen schwierig, in einem derart aufgeheizten Konflikt zu navigieren und so den Schaden für die eigene Marke möglichst zu minimieren.
So veröffentlichte beispielsweise die der kommunistischen Partei Chinas-nahe (KPCh) Nachrichtenplattform Global Times (环球时报) während der Proteste auf ihren Weibo-Konten Posts, in denen sie bestimmte westliche Marken aufforderte, sich für ihr angeblich chinafeindliches Verhalten zu entschuldigen und in der Debatte eine pro-chinesische Haltung einzunehmen. In den USA wiederum unterzeichneten Kongressabgeordnete beider Parteien gemeinsame Briefe, in denen sie US-Unternehmen aufforderten, den chinesischen Forderungen nicht nachzugeben. Da die Debatten in der Öffentlichkeit geführt werden, stehen auch die Marken von internationalen Unternehmen in einer solchen chinesisch-internationalen Markenkrise unter stetigem Druck. Ein Nachgeben gegenüber einer der beiden Seiten erhöht den Schaden für die Marke auf der anderen Seite; eine Nicht-Reaktion wird jedoch ebenfalls negativ wahrgenommen. In einer solchen Situation gibt es keine richtige Antwort. Es gilt somit, je nach Kontext und Position des Unternehmens mithilfe einer überlegten Reaktion den Schaden zu minimieren.
Die National Basketball Association (NBA): Moral in den USA vs. Profit in China
Ein Unternehmen, dem während der Proteste besondere Aufmerksamkeit zuteil wurde, war die NBA, die größte Profi-Basketball-Liga Nordamerikas, ein Multi-Milliarden-Dollar-Unternehmen, das nicht nur in den USA, sondern weltweit tätig ist. Vor allem China war (und ist) für die Liga von Interesse, da das Land großes Interesse an Basketball als Profisport hat und somit stetiges Wachstum verspricht.
Während der Proteste in Hongkong sah sich die NBA jedoch mit einer Markenkrise großen Ausmaßes konfrontiert, die nicht nur ihr Geschäft in China bedrohte, sondern sie auch im Westen, insbesondere auf ihrem Heimatmarkt, den USA, stark unter Druck setzte. Einer der Franchise-Manager*innen, Daryl Morey, General Manager der Houston Rockets, veröffentlichte einen Tweet auf Twitter, in welchem er seine Unterstützung für die Pro-Demokratie-Proteste in Hongkong erklärte. Obwohl Franchise-Manager*innen nicht unter der direkten Aufsicht der NBA als Organisation stehen, fand der Tweet sowohl in China als auch im Westen große Beachtung.
Chinesische Netizens verlangten umgehend eine offizielle Stellungnahme der NBA-Zentralorganisation und forderten die Liga auf, aus Respekt vor dem derzeitigen Status-quo Äußerungen für ein unabhängiges Hongkong zu unterlassen. Im Gegenzug pochte die US-Öffentlichkeit auf die demokratischen Werte der Organisation und rief dazu auf, den Forderungen der chinesischen Öffentlichkeit nicht nachzugeben. Aufgrund dieses Dilemmas brachen die chinesischen Partner*innen ihre Beziehungen zur NBA ab, Vertreter*innen der Demokratiebewegung erschienen zu den Spielen und NBA-Spieler gaben Erklärungen für oder gegen eine der beiden Seiten ab.
Die NBA ist ein extremes Beispiel für eine Marke, die in die geopolitischen Spannungen zwischen China und dem Westen geraten ist. Bei all dem rechnete die NBA mit Verlusten in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar. Von der NBA als us-amerikanischer Marke wird erwartet, dass sie us-amerikanische Werte repräsentiert, somit auch die Wahrung der Meinungsfreiheit und Solidarität mit den pro-demokratischen Demonstrant*innen in Hongkong. China ist jedoch ein wichtiger Wachstumsmarkt für die Institution und somit entscheidend für ihre mittel- bis langfristigen Geschäftspläne.
Die Kommunikation der NBA spiegelt dieses Interesse am chinesischen Markt wider: In einer ersten Reaktion auf den ursprünglichen Tweet von Daryl Morey entschuldigte sich die NBA bei den chinesischen Fans. In späteren Erklärungen betonte die NBA, dass sie die Meinungsfreiheit der betreffenden Personen nicht zensieren würde. Die grundlegende Haltung zu dem Thema wurde weiterhin nur vage beantwortet.
Obwohl sich die hitzige Debatte schlussendlich abkühlte, ist es unwahrscheinlich, dass dies die letzte Episode von Kontroversen im chinesischen geopolitischen Kontext für die NBA sein wird. Langfristige Schäden für die Marke könnten erst bei der nächsten Markenkrise in diesem Kontext sichtbar werden, da sich Internetnutzer*innen, Medien und Offizielle sowohl in China als auch im Westen auch in Zukunft an das Auftreten des Unternehmens während der Hongkonger Proteste erinnern dürften.
Volkswagen in Xinjiang: Fragen zur Lieferkette
Weniger intensiv als die Markenkrise der NBA während der Hongkonger Proteste, fand sich der deutsche Automobilhersteller Volkswagen kürzlich in einer ähnlichen Lage. Auch hier ging es um die Wahrnehmung seiner Marke in Bezug zum chinesischen Markt. In den letzten Jahren brachten zahlreiche Vorwürfe über systematische Menschenrechtsverletzungen, einschließlich des Einsatzes von Zwangsarbeit, in der chinesischen Provinz Xinjiang VW (und andere Unternehmen) in die Bredouille.
Besonders hitzige Reaktionen rief ein umstrittenes VW-Werk in der Stadt Urumqi in Xinjiang, hervor. Mehrere deutsche Unternehmen versicherten, dass es keine Hinweise auf Zwangsarbeit in ihren chinesischen Produktionsstätten gebe, VW bestand zudem erst kürzlich ein Audit seines Werks in Xinjiang. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass arbeitsbezogene Menschenrechtsverletzungen in der Automobilindustrie in der Lieferkette des Unternehmens zu finden sind. Unabhängig davon, in welchem Ausmaß internationale Unternehmen in potenzielle Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang tatsächlich verwickelt sind, hatten die Vorwürfe starke Auswirkungen auf die Marke VW, die in eine Markenkrise in Bezug auf seine Social Corporate Responsibility rutschte.
Die Situation nun ähnelt dem Fall der NBA: Sollte VW sich zu deutlich äußern, um sicherzustellen, dass in seinen chinesischen Fabriken keine Zwangsarbeit stattfindet oder sogar zugeben, dass Zwangsarbeit in Xinjiang ein Problem darstellt, würden chinesische Interessengruppen wie Konsument*innen und politische Akteur*innen dies als einen Angriff auf die chinesische Würde ansehen. In ähnlicher Weise würde eine Nicht-Reaktion zu steigenden Druck seitens der Öffentlichkeit im Westen, insbesondere in Deutschland bedeuten. Auch mögliche rechtliche Konsequenzen gemäß dem relativ neuen deutschen Lieferkettengesetz wären möglich. Die Prüfung des VW-Werks in Xinjiang wirkt dabei wie ein Mittelweg, um den Forderungen des Westens nachzugeben und gleichzeitig bei chinesischen Stakeholders einen guten Ruf zu wahren. Bei der Prüfung wurden keine Beweise für Zwangsarbeit in dem Werk gefunden. Dennoch könnte VW, sollten neue Vorwürfe ans Licht kommen, genau wie bei der NBA, eines der ersten deutschen Unternehmen sein, dem besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf das Thema zukommt.
Nike im Rampenlicht: Vorwürfe der Unterstützung von Zwangsarbeit
Auch der US-amerikanische Sportartikel-Hersteller Nike sieht sich im Zusammenhang mit Xinjiang und den Protesten in Hongkong 2019-20 einer Markenkrise ausgesetzt. China ist nach den USA und der EMEA-Region der drittgrößte Markt des Unternehmens und machte 2023 15 % des weltweiten Gesamtumsatzes aus; allerdings hat sich das Wachstum in dem Land zuletzt verlangsamt. China ist jedoch nicht nur ein wichtiger Absatzmarkt für Nike, sondern mit 117 Fabriken, die Waren für das Unternehmen herstellen, auch wichtigster Produktionsmarkt.
Bei einem derartigen Engagement in China und als verbrauchernahe Marke stellen Markenkrisen im Zusammenhang mit China eine ernsthafte Gefahr für das allgemeine Wohlergehen des Unternehmens dar. Noch kritischer ist, dass das Unternehmen, obwohl es nicht direkt involviert war, während der NBA-Markenkrise bei den Hongkong-Protesten 2019-20 zur Zielscheibe der öffentlichen Debatte wurde. Als exklusiver Bekleidungshersteller des Unternehmenes finden sich Produkte mit NBA-Logo in vielen globalen Nike-Läden. Der Tweet Daryl Moreys zur Unterstützung der Proteste führte unter anderem dazu, dass Merch der Houston Rocket aus einigen Nike-Läden in China verschwand. Obwohl nicht bekannt ist, ob es sich dabei um regionale Entscheidungen oder um eine landesweite Anweisung handelte, war es Teil der damaligen Medienberichterstattung und löste weitere Kritik aus. Eine noch unangenehmere Assoziation und CSR-bezogene Markenkrise trat jedoch im Rahmen der Kontroverse um die Vorwürfe der Zwangsarbeit im Zusammenhang mit Xinjiang und Vergehen der chinesischen Regierung an der uighurischen Minderheit auf. Nike positionierte sich auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo gegen Arbeitslager, was bei chinesischen Nutzer*innen und Medien Kritik auslöste. Dennoch stieg der Umsatz in der Region Greater China zwischen 2021 und 2023 um mehr als 20 %, von 5,3 Milliarden Dollar im Jahr 2021 auf 6,4 Milliarden im Jahr 2023. Das umstrittene Thema der Zwangsarbeit in China ist jedoch möglicherweise noch nicht ausgestanden. In einem neuen Kapitel von CSR-Markenkrisen untersucht Kanada die Lieferketten von Nike im Hinblick auf Zwangsarbeit. Das Unternehmen erklärte jedoch, dass Verbindungen zu den fraglichen Zulieferern bereits gekappt wurden und diese nicht weiter für Nike produzieren.
Der chinesische Markt bietet vielversprechende Möglichkeiten und ein großes Potenzial für wirtschaftliches Wachstum. Viele chinesische Konsument*innen zeigen großes Interesse an internationalen Produkten und vertrauen auf das Versprechen einer starken globalen Marke. Geopolitische Konflikte in und um China finden jedoch nicht in einem Vakuum statt. Auch wenn sich diese Konflikte nur selten direkt auf internationale Unternehmen auswirken, können diese leicht in eine Markenkrise im Zusammenhang mit ihrer Corporate Social Responsibility geraten. Dabei wird sensible Kommunikation nötig, um widersprüchlichen Erwartungen so gut wie möglich gerecht zu werden. Zwar gibt es im Normalfall nicht die eine richtige Reaktion auf diese Art der beschriebenen Markenkrisen, doch mit guter Vorbereitung und Planung kann Schaden erheblich begrenzt werden.
Sie stellt auch die beteiligten Unternehmen vor ein moralisches Dilemma. Die Themen, die zu Markenkrisen führen können, sind hochsensibel und lösen in den öffentlichen Debatten starke Emotionen aus. Unterschiedliche Auffassungen darüber, wie sich ein ethisches internationales Unternehmen auf dem chinesischen Markt verhalten sollte, machen es äußerst schwierig, ein Gleichgewicht zwischen der Befriedigung ethischer und moralischer Erwartungen zu finden, ohne die gegenüberstehende Gruppe zu verärgern.
Hinzu kommt, dass viele ausländische Unternehmen ein großes Interesse am chinesischen Markt als wichtige Einnahmequelle haben. Das Gleichgewicht zwischen dem Umgang mit den Erwartungen der Öffentlichkeit in China oder im Westen während gleichzeitig Geschäftskanäle offengehalten werden, zu finden, ist eine Herausforderung, die sorgfältige Vorbereitung und vorsichtige Reaktionen erfordert.
Wenn es um Risiken für ausländische Unternehmen in China geht, ist eine internationale, geopolitische Markenkrise nicht unbedingt das greifbarste Risiko, dennoch gilt es, sich auf ein mögliches Szenario gut vorzubereiten. Den Einfluss internationaler politischer Debatten auf die eigene Marke zu vernachlässigen kann unter anderem zu direkten finanziellen Verlusten, zur Unfähigkeit, in China Geschäfte zu machen, oder gar zu einer dauerhaften Schädigung der Unternehmensmarke und des Images führen. Es ist daher entscheidend, die chinesische Regierung und die KPCh als einen nicht verhandelbaren Stakeholder anzuerkennen, der direkten Einfluss auf jede Geschäftstätigkeit in China hat. Das Wichtigste ist, die Risiken zu erkennen, sich auf sie vorzubereiten und die vorbereiteten Pläne zu befolgen.
Best Practice für Unternehmen in China: Haben Sie die Markenkrise auf dem Schirm
- Verstehen Sie, wie Ihre Marke von Verbraucher*innen wahrgenommen wird und definieren Sie Gefahrenpotenzial.
- Beobachten Sie die Wahrnehmung Ihrer Marke und ermitteln Sie Trends
- Bereiten Sie die Kommunikation und eine Strategie für potenzielle CSR-bezogene Markenkrisen im chinesischen Kontext vor.
- Reagieren Sie entsprechend auf die Markenkrise, indem Sie Ihrenr Strategie folgen und sich an die jeweilige Situation anpassen.
- Handeln Sie nicht impulsiv und erlauben Sie nur bestimmten Sprecher*innen, mit der Außenwelt zu kommunizieren.
Quellen
Balmer, John M. T., and Weifeng Chen. „Advances in Chinese Brand Management“. Journal of Brand Management, 2017. https://doi.org/10.1057/978-1-352-00011-5.
Brown, Tom J., and Peter A. Dacin. „The Company and the Product: Corporate Associations and Consumer Product Responses“. Journal of Marketing 61, no. 1 (1997): 68-84. https://doi.org/10.2307/1252190.
Dawar, Niraj, and Madan M. Pillutla. „Impact of Product-Harm Crises on Brand Equity: The Moderating Role of Consumer Expectations“. Journal of Marketing Research 37, no. 2 (2000): 215-26. http://www.jstor.org/stable/1558501.
Jeon, Jung Ok, and Sunmee Baeck. „What Drives Consumer’s Responses to Brand Crisis? The Moderating Roles of Brand Associations and Brand-Customer Relationship Strength“. Journal of Product & Brand Management 25, no. 6 (2016): 550-67. https://doi.org/10.1108/JPBM-10-2014-0725.
Lo, Sonny Hing-Shiu, Steven Chung-fun Hung, and Jeff Hai-Chi Loo. „The Dynamics of Peaceful and Violent Protests in Hong Kong: The Anti-Extradition Movement“. Edited by Steven Chung-fun Hung and Jeff Hai-Chi Loo. Singapore: Palgrave Macmillan, 2021. https://doi.org/10.1007/978-981-15-6712-4.
„OHCHR Assessment of Human Rights Concerns in the Xinjiang Uyghur Autonomous Region, People’s Republic of China.“ United Nations Human Rights – Office of the High Commissioner (ohchr.org, 31.08.2022). https://www.ohchr.org/en/documents/country-reports/ohchr-assessment-human-rights-concerns-xinjiang-uyghur-autonomous-region.
Ramzy, Austin, and Chris Buckley. „‘Absolutely No Mercy’: Leaked Files Expose How China Organized Mass Detentions of Muslims.“ The New York Times (nytimes.com, 16.11.2019). https://www.nytimes.com/interactive/2019/11/16/world/asia/china-xinjiang-documents.html.
Sudworth, John. „Xinjiang Police Files: Inside a Chinese Internment Camp.“ BBC News (bbc.co.uk, 24.05.2022). https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-8df450b3-5d6d-4ed8-bdcc-bd99137eadc3.
Pictured: The NBA-Shop on Wangfujing Avenue (王府井大街) in Beijing – Fotokon – stock.adobe.com